Das faschistische Soldaten- und Polizistennetzwerk „Nordkreuz“ führte Todeslisten mit zehntausenden Namen politischer GegnerInnen in Deutschland. Nun liegen die Listen den Behörden vor, jedoch sind nur sehr Wenige, deren Namen auf den Listen zu lesen sind, gewarnt worden. JournalistInnen fordern Transparenz und wollen diese nun durch Klagen erzwingen.
Stell dir vor, ein Netzwerk von FaschistInnen plante deine Ermordung. Die Polizei erfährt davon, warnt dich aber nicht einmal ansatzweise und gibt dir auch nicht Bescheid. So ergeht es Tausenden in Deutschland. Nach dem Auftauchen der Todeslisten des faschistischen Nordkreuz-Netzwerks, das maßgeblich von Soldaten, Elitepolizisten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) und rechten Ideologen aufgebaut wurde, kommt Misstrauen über die Nähe der Behörden zu den Rechtsterroristen auf.
Jean Peters ist einer, der auf diesen Listen gefunden werden kann. Er ist Künstler und Journalist und sorgte deutschlandweit für Aufsehen, als er der AfD-Politikerin Beatrix von Storch als Clown verkleidet eine Torte ins Gesicht drückte.
Von Storch veröffentlichte seinen Namen und spätestens ab da hatte es das rechte Spektrum auf ihn abgesehen. Den Todesdrohungen der RechtsterroristInnen und ihrer SympathisantInnen folgte kaum eine Reaktion der Sicherheitsbehörden – ihnen sei aber bekannt gewesen, dass Peters sich auf solchen Listen befinde.
Ich könne jederzeit 110 anrufen. Und sie empfahlen mir "die Aktivierung/Nutzung der Privatsphäreeinstellungen in sozialen Netzwerken" oder "die Beschränkung der Veröffentlichung personenbezogener Daten (auch Fotos, Video etc.) auf das Nötigste." pic.twitter.com/KgLYUk3ixx
— jean peters (@jeangleur) July 23, 2019
Warum er nicht gewarnt wurde, beantwortete die Polizei nicht. Stattdessen rät sie ihm, er solle weniger Informationen ins Netz stellen und nicht Jeder/m seine Nummer weitergeben. Dass er in Notfällen jederzeit die 110 anrufen könne, ist in diesem Zusammenhang blanker Hohn.
Prozess vor Verwaltungsgericht Wiesbaden
Das Bundeskriminalamt (BKA) begründet sein Schweigen damit, dass keine wirkliche Gefahr für die Betroffenen bestehe. Nun sollen die Polizeiämter der verschiedenen Länder individuell entscheiden, wie sie mit den Todeslisten umgehen. In Hessen werden die rund 1.100 Menschen, die sich auf den Todeslisten befinden, nun schriftlich informiert.
Auch der Journalist Arne Semsrott will für Transparenz sorgen und hat nun Klage gegen das BKA eingereicht. Am Montag wird sich das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit Semsrotts Klage gegen die Verdunkelung durch das BKA befassen.
Semsrott, der seinen Prozess rein aus Spendengeldern finanziert, stellt sich indes auf ein langes Verfahren ein: „Das Bundeskriminalamt wird sich nicht mit einer Niederlage abfinden“, so der Journalist.