Ab 2022 sollen die neuen Regelungen für Pflegeberufe greifen. Die Vorhaben klingen nobel: Höhere Löhne für Pflegekräfte, Entlastung von Angehörigen bei Pflegeheimen. Doch die Finanzierung steht in der Kritik und die Wirksamkeit für Pflegebeschäftigte ist unklar.
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) ist seit gestern beschlossene Sache. Gesundheitsminister Spahn kündigte an, dass Beifallklatschen und Bonuszahlungen zwar gut seien, aber eben nicht ausreichten – in diesem Sinne sei das GVWG entworfen worden. Die Opposition, aber auch Sozialverbände und Gewerkschaften äußerten Kritik.
So sprach Kordula Schulz-Asche (Grüne) von einem „Pflegereförmchen“, Nicole Westig (FDP) gar von einer Mogelpackung. Deren Finanzierung sei nicht sichergestellt und verfassungsrechtlich fragwürdig. Worauf sie anspielt: Die Reform soll finanziert werden, indem der Pflegebeitrag Kinderloser leicht angehoben wird. Kritik aus ganz anderer Richtung kam hingegen von der faschistischen AfD, die eine Lohnerhöhung über einen Tarifvertrag schlicht für unsinnig hielt.
Pflegeheime: Gradueller Zuschlag statt Ausbau der Pflegeversicherung
Ein erklärtes Ziel des GVWG war, Angehörige von Menschen in Pflegeheimen zu entlasten. Eine:n Angehörige:n in einem Pflegeheim betreuen zu lassen, kostet im Bundesdurchschnitt rund 2068 Euro monatlich.
Rund 900 Euro bundesdurchschnittlich machen davon die Pflegekosten aus. Auch davon übernimmt die Pflegeversicherung nur einen Teil. Nach dem GVWG soll der Eigenanteil für die Pflege nun im ersten Jahr um 5 Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent und ab dem vierten um 70 Prozent sinken.
Die „Deutsche Stiftung Patientenschutz“ warnt vor dieser Entwicklung. Ihrer Ansicht nach wäre eigentlich ein Ausbau der Leistungen der Pflegeversicherung nötig. Auch nach dieser Reform drohe den Angehörigen Überlastung.
Milliardenzuschuss für Krankenkassen
Kinderlose Personen über 23 Jahren sollen ab 2022 statt 3,3 Prozent 3,4 Prozent Pflegebeitrag zahlen. Die Krankenkassen schlugen schon vorsorglich Alarm und dieser wurde reicht belohnt: Für 2022 stellte der Bund einen Zuschuss von sieben Milliarden Euro in Aussicht. Insgesamt würden die gesetzlichen Krankenkassen in diesem Jahr also mit 21,5 Milliarden Euro bezuschusst.
Etikettenschwindel und Lohndumping
Kritik kommt auch von Seiten des DGB. Das neue Gesetz sieht vor, dass sogenannte Versorgungsverträge nur noch mit Einrichtungen geschlossen werden, die nach Tarifverträgen und in Anlehnung daran bezahlen. Ein Versorgungsvertrag ist die Grundlage dafür, dass Einrichtungen über die Pflegekasse abrechnen können.
DGB-Chef Rainer Hoffmann kritisiert: „Das Gesetz kommt einer Einladung zum Lohndumping gleich und muss unbedingt korrigiert werden. Es besteht das Risiko, dass es zu massiven Unterbietungen bei den Löhnen kommt.“. Denn nun orientiere sich der Lohn am regionalen Tarifniveau. „Da kann auch ein bestehender oder schnell noch ausgehandelter Dumping-Haustarifvertrag zur Anwendung kommen. Und das soll dann der Maßstab sein für die Erstattung über die Pflegekassen.“