In einer ersten Lesung wurde gestern im Bundestag die Einführung eines Sondervermögens für die Bundeswehr diskutiert. Klar geworden ist: Im Parlament wird niemand konsequenten Widerstand gegen die historische Aufrüstung und Kriegsvorbereitungen leisten. – Ein Kommentar von Paul Gerber
Für den Plan der Regierung, ein so genanntes „Sondervermögen für die Bundeswehr“ von 100 Milliarden Euro einzuführen, benötigen sie eine 2/3 Mehrheit im Bundestag. Geplant ist nämlich, dieses Sondervermögen so im Bundestag festzuschreiben, dass die Schuldenbremse dafür außer Kraft gesetzt wird.
Finanzminister Lindner (FDP) eröffnete die Debatte, indem er den „historischen Charakter“ der Entscheidung hervorhob und die alte Leier wiederholte, man müsse aufrüsten, um den Krieg zu verhindern.
Mit der CDU/CSU ist die Regierungskoalition in konkreten Verhandlungen, um das Sondervermögen gemeinsam durchzusetzen, mehr Stimmen braucht es nicht im Parlament.
Aber auch die AfD und Partei Die Linke äußerten sich zwar negativ gegen die konkreten Regierungspläne, machten aber zugleich deutlich, dass es ihnen nicht in den Sinn kommt, klar gegen die von der Regierung betriebenen Kriegsvorbereitungen aufzutreten.
Der Vertreter der AfD, Peter Boehringer, betonte deutlich, dass seine Partei ja ohnehin für die Aufrüstung sei, aber eben ein Sondervermögen der Bundeswehr grundsätzlich ablehne.
Die Vertreterin der Linken, Amira Mohamed Ali, sprach sich zwar dagegen aus, dass eine Aufrüstung mehr Sicherheit bringen würde und betonte, dass andere Ausgaben im Bildungs- und Rentensystem viel notwendiger seien.
Aber auch sie unterstrich, dass sie zur Bundeswehr stehe. Sie äußerte nur Zweifel daran, dass die bisher in die Bundeswehr gesteckten Milliarden richtig eingesetzt worden seien und sprach von Missmanagement.
Ziehen wir Bilanz. Im Parlament gab es gestern keine einzige politische Kraft oder Person, die klar ausgesprochen hätte, worum es geht: Der deutsche Staat sieht, dass ein großer Krieg um die Verteilung von Einflusssphären immer wahrscheinlicher wird und will sich auf eben diesen Krieg vorbereiten. Wir als einfache Arbeiter:innen haben aber natürlich keinerlei Interesse an solchen Kriegen um die Neuverteilung der Welt.
Vor mehr als hundert Jahren hatte wenigstens der Mitgründer der KPD Karl Liebknecht den Mut – damals noch Teil der SPD-Fraktion – gegen die Kriegskredite für den 1. Weltkrieg zu stimmen. Es sieht alles danach aus, dass es dieses Mal keinen Karl Liebknecht im Parlament gibt.
Natürlich wird Widerspruch im Parlament ohnehin wenig an den Plänen der Regierung ändern. Die realistischste Chance auf den Stopp der Kriegsvorbereitungen hat wohl eine große, aber entschlossene Anti-Kriegsbewegung. Gestern war von dieser nicht viel zu sehen.